Erster Eindruck: Black Clover

Im Anime "Black Clover" geht es um Asta und Yuno, die als gleichaltrige Waisenkinder in einem Land, welches mit Magie regiert wird, zum König der Magie werden wollen. Yuno ist dabei Asta überlegen, sowohl bezogen auf seine Leistungen als auch auf seine Wahrnehmung durch Dritte.

Der Anime geht mit dem Grundmotiv des Shonen-Motiv sehr undifferenziert um. Es existieren zwei Jungen mit einer schicksalhaften Vergangenheit, die beide darum konkurrieren, in einer Leistungskategorie (hier: König der Magier) der beste zu sein. Dieses Motiv ist im Menschen psychologisch durchaus verankert und es in der Kunst aufzugreifen, ist keineswegs verwerflich, allerdings entsteht hier der Eindruck, dass es völlig unmittelbar verwendet wird, und nicht als eine Vorlage für komplexere Handlungen.

Gleich zu Beginn macht sich der ohnehin sehr erkennbar an Naruto Uzumaki angelehnte Asta zweimal lächerlich: Einmal, als er eine Schwester aus der Kirche anflirten will, und ein zweites Mal, als er dabei scheitert, Magie einzusetzen. Der gleichaltrige Yuno ist dagegen attraktiver, weitaus besser im Umgang mit der Magie, ziemlich verschlossen und kalt, und hat sogar schwarze Haare.

Bei der Zeremonie zur Vergabe der Grimoire wird die Rivalität zwischen Asta und Yuno noch einmal deutlich, aber dramaturgisch dermaßen einseitig, dass nur der Gedanke übrig bleibt, hier sollte dem Zuschauer noch einmal ganz klar vermittelt werden, wer auf welcher Seite steht. Yuno bekommt das vierblättrige (sic!) Kleeblatt, Asta bekommt gar keins. Mythische Symbole können eine umfassbare Ästhetik haben, aber dieses habe ich als ausgesprochen schwach empfunden. Nicht nur, dass das vierblättrige Kleeblatt schon als sehr klischeehaftes, volkstümliches Symbol des Glückes bekannt ist - es ist für mich auch untrennbar mit einer Art und Weise der Niedlichkeit verbunden, die mit der erhofften Ausstrahlung von Macht und Ehre der Hauptcharaktere nicht vereinbar ist.

An dieser Stelle möchte ich auch einen Umstand bemerken, der spezifisch für die deutsche Übersetzung (in Untertiteln) bedeutend ist: Nämlich analog zur Verwendung des traditionellen Kleeblatt-Symbols die alte Sprache, aber nicht als eine überlegte Referenz auf vergangene Zeiten (wie in Wagners Libretti) sondern eher, als würde ein alter Mann verbittert auf die Jugend blicken und diese in dem Werk aus seiner Sicht darstellen. Die vier Begriffe, die ich an dieser Stelle gern zitieren möchte, sind: Hans-Wurst, Bengel, Lümmel und Hoppsala. Der 15-Jährige Asta stellt außerdem einmal fest: "Der Angriff hat echt Wumms!"

Obwohl angesichts der sehr strikten und variationslosen Auslegung des Shonen-Motives auch damit zu rechnen war, dass es in dem letzten Drittel der ersten 20-Minuten-Episode zu einem Kampf kommt, hatte ich bei dem relativ gut komponierten Bild des in Ketten liegenden Yuno zunächst erhofft, dass sich hier eine Wendung ergibt, die mich die erste Folge mit 3 statt 2 Sternen bewerten lässt. Allerdings bin ich auch hier enttäuscht worden. Yuno wird angegriffen, damit Feinde an sein vierblättriges Kleeblatt gelangen können. Gegen die Feuer-Attacke kann er sich wie selbstverständlich wehren. Plötzlich schießen Ketten aus den Gemäuern, und ein Ex-Ritter, der jetzt nur noch ein böser Wegelagerer ist, kommt vorbei. Es gelingt ihm, Yuno zu fesseln. Er hält einen langen Monolog über seine magischen Fähigkeiten und wie Böse er ist. Natürlich will er das Grimoire von Yuno an sich nehmen, was ihm, da Yuno gefesselt ist, auch sofort gelingt. Dies empfinde ich sogar als relativ gut - ein langer, epischer Kampf um das Zauber-Buch hätte hier der Episode die letzte Würde genommen.

In diesem Moment war meine letzte Hoffnung, dass jetzt wenigstens nicht Asta heldenhaft herbeikommt, und Yuno rettet, worauf diese beste Freunde werden. Und siehe da: Er schreit zwar "Stopp!", macht sich natürlich lächerlich, indem er gegen eine Mauer knallt, und als Yuno ihm sagt, er solle weggehen, beweist er erst Recht seinen Mut und seine Fähigkeiten. Der Wegelagerer erklärt ihm, dass es unmöglich für Asta ist, Magie einzusetzen - irgendwo muss ja auch das Schicksal des Waisenkinds nochmal verstärkt hervorgehoben werden. Als Asta resigniert und seufzt, dass es am besten wäre, aufzugeben, ruft der angekettete Yuno dazwischen, dass er das auf keinen Fall tun soll. Schließlich erhält Asta doch noch sein Grimoire. An dem schemenhaften Angriff auf Yuno, in dem sich Asta als lächerlicher, eindimensionaler Held beweist, ist allerhöchstens interessant, dass Yuno Asta nicht unterstützt, weil er sein Freund ist, sondern weil er einen Rivalen will.

Wie lässt sich das Werk nun aus einer technetoistischen Perspektive beurteilen? Sicherlich muss man feststellen, dass es sich (auf Grundlage der ersten Episode, wohlgemerkt) formal um einen Anime handelt, der dem Technetoismus nahe steht. Es gibt ein Universum, es gibt potentiell die Möglichkeit, andere ästhetische Mittel als die Kunst anzuwenden, um das Universum zu implementieren, und die Panstilistik - welche man angesichts der Tatsache, dass diese ein absolut neues Konzept ist, eigentlich gar nicht erwarten darf - zeigt sich in leichten Ansätzen, wenn der Kontrast hochgeschraubt wird, oder mit besonderen Lichteffekten umgegangen wird. Über die konventionellen visuellen Mittel des zeitgenössischen Anime gehen diese jedoch keineswegs hinaus.

Trotz dieser formalen Zugehörigkeit zum Technetoismus muss jedoch ganz klar kritisiert werden, dass der Umgang damit schlecht erfolgt ist. Die Motive, welche in dem Anime vorkommen, erscheinen mir viel zu komprimiert und eindimensional. Sicher, es ist kein Verbrechen gegen die Schönheit, wenn man das schon lange bekannte Heldenmotiv erneut verwendet, und ich bin der letzte, der verlangt, dass Originalität über Ästhetik gestellt wird. Aber hier bleibt einfach nur der Eindruck, dass man es sich mit der Handlung so einfach wie möglich machen wollte (auch dem Zuschauer wollte man es einfach machen!), und daher in die erste Folge das übliche Schema eingebunden hat, anstatt einen langsamen, natürlichen Einstieg in das Universum und dessen Charaktere sowie Orte zu bieten. Dies hätte auch die Chance gegeben, die Magie differenzierter darzustellen, als nur als übernatürliches Kampfmittel zum Zweck, und die handelnden Personen charakterlich ästhetischer zu machen. Ein Beispiel dafür: Wenn man zeigen will, wie Asta unermüdlich trainiert, dann bitte nicht, indem er in kurzer Szene ab 997 aufwärtszählt, bis er bei 1000 ist, und dann lächerlich seinen Zaubertrank zu sich nimmt. Es hätte viele Möglichkeiten hier gegeben, zumindest aber erstmal die bisherigen Erfahrungen mit dem Training wiederzugeben, und so diese Tatsache näher in die Handlung zu integrieren.

Auf Grundlage der ersten Episode (ich werde des Anstandes halber die nächsten vier auch sehen, um dann mehr darüber zu wissen) gebe ich diesem Anime 3 von 10 Bewertungspunkte. Auch, wenn Naruto keineswegs perfekt an das technetoistische Ideal kommt, ist die Komplexität des Universums und die Umsetzung als Handlung um Dimensionen besser, was auch zweifelsfrei dafür sorgt, dass dieser Anime viel mehr Bedeutung erlangt hat, als ich es Black Clover jemals zutrauen kann.

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